Eine flüsternde Stimme. Ein paar großer Augen auf mich gerichtet. Spärliches Licht; ein gekrönter Darsteller im Hintergrund; eine Darstellerin mit Buddha-Maske im Schneidersitz auf einem Sockel; vier Schweinemasken nebeneinander aufgereiht. Im Vordergrund sechs Glaskästen mit lebenden weißen Mäusen gefüllt. Das Flüstern wandelt sich zum Klang langsam fallender Wassertropfen. Das Augenpaar verschwindet und auf der Leinwand erscheint ein – über die Dauer vder Performance – allmählich vom Wasser weggespültes Motiv. Das Publikum wird ruhiger, die Aufführung beginnt.
„The princess of garden“, der nepalesischen Theatergruppe „theatre village“ aus Kathmandu, ist eine sehr bildreiche Inszenierung voller Verweise und Symbolen. Über Bühnenbild, Masken, Requisiten und Kostüme erzählen die Darsteller*innen die Geschichte einer hinduistischen Prinzessin, die protestiert. Sie lehnt sich gegen die hinduistische Palastgesellschaft auf und wendet sich ihren eigenen, buddhistischen Studien zu. Ihr Vater, der König, trägt immer wieder seine Ideale und Werte an sie heran, doch die Prinzessin Malini bleibt standhaft. Ihre Argumente sind buddhistische Rituale. Immer wieder führt die Darstellerin die rituellen Bewegungen aus, legt Daumen und Mittelfinger aufeinander oder setzt sich im Schneidersitz auf einen Sockel, verbirgt ihr Gesicht hinter der Maske von Siddhartha Gautama.
Aber die Inszenierung will noch viel mehr sein, als die bloße Nacherzählung des Klassikers von Tagores. Es ist auch ein Proteststück mit einer kritischen Haltung gegenüber den gesellschaftlichen, politischen und religiösen Gegebenheiten in Nepal. In der Aufführung wird schnell deutlich, welche Nachwirkungen Geschichte auf das Heute haben kann. Wie aus unschuldigen Kindheitserinnerungen die Grausamkeit von erwachsenen Handlungen werden kann. Wie aus Spiel Krieg wird. In der Inszenierung enden eine fröhliche Mehlschlacht und das Gefecht mit Seifenblasenpistolen in einem letzten tödlichen Schuss.
„theatre village“ will wach machen und ihr Publikum auf Missstände der Gesellschaft hinweisen. Und nicht allein deswegen versteht sich die Theatergruppe als Teil der Erneuerungsbewegung in der nepalesischen Theaterszene. Auch für unser Theaterfestival war diese Inszenierung ein wichtiger Beitrag zur Erweiterung des Weltbildes. Die Konfliktreiche Geschichte von Hinduismus und Buddhismus, sowie die heutige gesellschaftliche Lage Nepals war den Festivalbesuchern im Vorfeld eventuell nicht bewusst. Die Aufführung gab einen Anstoß sich aber spätestens jetzt mit der nepalesischen Kultur zu befassen und direkt bei der Gruppe nachzuhaken. Vielen Dank an die tolle Gruppe für den super Gesprächsstoff! [ib]